Freitags gibt’s in der Kantine immer Fisch. Welsfilet oder Seelachs in Eihülle. Heute sind meine Kolleginnen und Kollegen, die neben mir vor dem Speiseplan stehen, mit dem Angebot aber erkennbar unzufrieden. Kein Welsfilet. Kein Seelachs. Keine Eihülle. „Heringsstipp Hausfrauen-Art“ steht da. Katastrophe! Die anderen sehen nur den schlimmsten aller Auswege: Apfelpfannkuchen mit Zimt oder Zucker. Ich bin noch nicht soweit. Ich hänge immer noch am Fisch fest. Hausfrauen-Art. Bei allen Bemühungen, gendergerecht und politisch korrekt zu schreiben – die ich sehr begrüße – geht mein etymologisches Herz auf, wenn ich (noch) ab und an etwas lese, aus dem buchstäblich der Geist der Geschichte spricht. Und die “Hausfrauen-Art” gehört sicher dazu.
Schreiben würde ich es nicht, und bei einem Lektorat direkt hinterfragen. Aber jetzt habe ich Pause – und Hunger – und daher halte ich mich geschlossen. Und äußere auch nicht meine nächste Assoziation: Hausmannskost. Gemeint ist da ja nicht der moderne Mann, der kocht, sondern der Mann, der isst. Hausmannskost nach Hausfrauen-Art. Ja, bei so manchem Restaurant ist auch die Sprache in den Siebzigern stecken geblieben. Dieser ganze Gedankengang bleibt, wie gesagt, nur ein Gedankengang. Ich spreche ihn nicht aus, das gibt nur wieder die üblichen sprachkritischen Erörterungen, deren Verlauf ich bis ins Kleinste kenne. Und ich habe doch Pause.
Okay, was gibt es noch? Bauernpfanne – nein, zu viel Diskussionspotenzial. Schnitzel Paprika-Art – sieh an, der Speiseplan-Verfasser hat also sprachlich-politisch doch was auf der Pfanne. Das würde vielleicht gehen. Aber nein, dann dreht sich das Tischgespräch doch irgendwann wieder ums „Zigeunerschnitzel“ und anschließend wirft garantiert jemand einen „Negerkuss“ in die Runde („Man sagt nicht mehr Negerkuss“ – „Wir sagen immer Mohrenkopf“ – „Das geht auch nicht!“ – „Es heißt aber Schokokuss!“ – „Wisst ihr noch? Früher immer das Negerkussbrötchen?“). Nein, heute nicht. Pause. Ich nehme einfach einen Salat.
Foto: Volker Lahr