Hand von der Maus: Wie oft hatten Sie in letzter Zeit Kontakt mit dem Thesaurus? Keine Ahnung, was das ist? Geschenkt. Ich dachte auch sehr lange, so hieße einer der Dinosaurier in Jurassic Park 7. Irgendwann erklärte mir dann ein entfernt befreundeter Kino-Nerd, dass es diesen Teil noch gar nicht gäbe. „Thesaurus“ steht in der EDV, habe ich dann später erfahren, für ein „Wörterbuch der sinn- und sachverwandten Wörter“. Sie kennen das vielleicht aus Ihrem Schreibprogramm, wahrscheinlich als eine der Funktionen, die Sie bislang nicht nutzen. Das soll sich ändern. Ich habe mir nämlich vorgenommen, hier ein bisschen Werbung zu machen.
Die Idee zu diesem Plädoyer kommt nicht von ungefähr. Wer einmal in einer kroatischen Bäckerei Weißbrot kaufen wollte, kann nachvollziehen, wie elementar ein passender Wortschatz ist. Denn dort gibt es nicht ein Weißbrot, es gibt sie alle. Erstaunlich dabei: Sie sehen alle gleich aus, vor allem, wenn sie in Haufen aufgetürmt sind. Da für die Frage nach dem Geschmack mein Kroatisch nicht reicht, kaufte ich einfach nur nach der Form. Angesichts der eng bepackten drei Meter langen und mindestens genauso hohen Weißbrot-Schrankwand war aber auch das Draufzeigen nicht wirklich zielführend. Am ersten Tag bin ich, denn andere Brotkäufer wurden bereits ungeduldig, einfach direkt hinter die Tresen gegangen, ab dem zweiten Frühstück gab es dann nur noch Aufbackbrötchen aus der Tüte. Man merke: Fehlt einem der richtige Wortschatz, kann man nicht alles erreichen, was man gern hätte.
Das treffende Wort
In seiner Muttersprache fällt das nicht unbedingt auf, es gibt genug Wörter für eine Sache. Aber ist es wirklich immer auch der treffendste Begriff? Anders gefragt: Treffen Sie mit Ihrem Wort den Leser so, wie es für Ihr Ziel nötig ist? „Der Unterschied zwischen dem richtigen Wort und dem beinahe richtigen ist der gleiche wie zwischen einem Blitz und einem Glühwürmchen“, sagte Mark Twain schon so, ja, treffend halt.
Jetzt sind wir, keine Frage, in Kroatien trotz fehlender Wörter satt geworden. Aber es gibt Fälle, da kann ein schlechter Wortschatz beim Empfänger (im doppelten Sinn) gar nicht gut ankommen. Da gebe ich Ihnen mein Wort! Bei einer Party vor einiger Zeit setzte ich mich mit meinem Teller an einen Tisch und dann mir fiel auf, dass ich das Besteck vergessen hatte. Also zurück zum Buffet, um das notwendige Werkzeug zu beschaffen. Der dreijährige Sohn meiner Nachbarn in der Warteschlange: „Hey, du hast dich nicht angestellt, Opa!“ Bevor ich reagieren konnte, klärten mich seine Eltern auf: Für Männer kenne er nur die Begriffe „Papa“ und „Opa“. Sieh an! Letztlich konnte ich also sogar froh sein, aus nahe liegenden Gründen, dass er mich nicht “Papa” genannt hatte. Da war es also wieder, das Problem mit dem Wortschatz. Eine schlechte, sagen wir mal „unpassende“ Ansprache, kann hinderlich sein. Und das gilt natürlich nicht nur für den kroatischen Bäcker und die Party-Buffet-Schlange, sondern auch für Ihren Text.
Individuellen Wortschatz erweitern
Daher empfehle ich, den Thesaurus in Ihrem Schreibprogramm nicht ganz aus den Augen zu verlieren. Und zwar nicht nur, um ein Synonym zu finden, das eine Wortwiederholung verhindern soll (siehe dazu auch: Nimm zwei! – Bessere Texte durch eine gesunde Variation) – sondern auch, um sicherzugehen, ob das gewählte Wort wirklich das treffendste ist. Die Seiten https://www.openthesaurus.de und http://wortschatz.uni-leipzig.de/de sind in dieser Hinsicht auch sehr vielsagend. Wer es lieber gedruckt mag: Es gibt selbstverständlich auch Synonym-Wörterbücher. Wenn Sie auch fremde Texte aufmerksam lesen, können Sie relativ einfach Ihren individuellen Wortschatz erweitern. Oder aber Teile aus dem passiven in den aktiven holen. Gut, nicht? Ich freue mich auf Ihr Feedback, und sagen Sie bitte nicht, dass Ihnen angesichts dieser brillanten Tipps die Worte fehlen.
Foto: Volker Lahr