Texte von Autoren, die schon einmal etwas über journalistisches Schreiben gelesen oder gehört haben, erkennen Sie schnell an einem bestimmten Satzzeichen: dem Doppelpunkt. Damals in der Schule haben wir mit ihm nur wörtliche Rede gekennzeichnet. Und vielleicht eine Aufzählung. Von anderen Einsätzen weiß ich nichts oder kann mich nicht mehr erinnern. Nachdem dann in den 1990er Jahren auch die Fernsehsendung „Doppelpunkt“ abgesetzt wurde, verlor ich ihn, und mit ihm Michael Steinbrecher, etwas aus den Augen.
Bis ein Gladbecker WAZ-Lokalredakteur einige Jahre später den Text des unbedarften Praktikanten auseinandernahm und mit ein paar Doppelpunkten wieder zusammenleimte. Meine Erkenntnis: Ein Doppelpunkt macht nicht das Doppelte eines Punktes. Er trennt nicht noch mehr, er verbindet. Und Journalisten und andere professionelle Schreiber wollen genau das: Teile verbinden und so eine Einheit erschaffen. Ein Doppelpunkt macht noch keinen guten Text. Aber er kann wie kein anderes Satzzeichen dabei helfen, einen Text besser zu machen – sofern er richtig und mit Bedacht eingesetzt wird.
Doppelpunkt in der Headline
Gerade ein nachrichtlich orientierter Text muss schnell alle notwendigen Infos liefern. Nachrichten sind daher nach dem Prinzip der umgekehrten Pyramide aufgebaut: Erst das Wichtigste, dann die Details. Diese Regel lässt sich auch innerhalb eines Satzes anwenden, um so den Leser zügig abzuholen. Headlines mit Doppelpunkt werden zudem kürzer und einfacher sind damit leichter zu erfassen. Denn der Doppelpunkt hat einen großen Vorteil: Mit ihm lassen sich Präpositionen, Artikel und Deklinationen vermeiden.
IT-Abteilung warnt vor Trojanern in gefälschten E-Mails
Trojaner: IT-Abteilung warnt vor gefälschten E-MailsRost AG informiert über Zahlen auf der Bilanzpressekonferenz
Bilanzpressekonferenz: Rost AG informiert über ZahlenVerein freut sich über viele Besucher am Tag der offenen Tür
Tag der offenen Tür: Verein freut sich über viele BesucherWas Sie bei Fahrverboten jetzt beachten müssen
Fahrverbote: Was Sie jetzt beachten müssen
Aufgepasst! Der Doppelpunkt hat eine andere Funktion als der Gedankenstrich, der Teile voneinander trennt. Hier wäre der Doppelpunkt falsch:
Viele Besucher beim Tag der offenen Tür – Verein freut sich über zahlreiche Spenden
Doppelpunkt im Fließtext
Der Doppelpunkt hilft bei der Gliederung und schafft Zusammenhänge.
Der Forscher hatte für dieses Problem schnell eine Lösung gefunden: Er wird die Chemikalie vor dem Versuch erhitzen.
Der Vorstandsvorsitzende lobte in seiner Rede einen Mitarbeiter besonders: Peter Schmidt von der Controlling-Abteilung hatte sich ehrenamtlich für Ruanda engagiert.
Die Geschäftsführung entschied in ihrer Sitzung auch über die Zusammenarbeit mit der Rost AG: Man wird ab sofort getrennte Wege gehen.
Dann geschah etwas Überraschendes: Der Betriebsrat stimmte dafür.
Mithilfe eines Doppelpunktes lassen sich Konstruktionen vereinfachen und sperrige „Vorläufer“ vermeiden:
Dabei wird das Ziel verfolgt, eine Fusion mit der Rost AG zu verhindern.
Das Ziel: Eine Fusion mit der Rost AG verhindern.Die Auszählung ergab, dass eine Mehrheit für die Fusion gestimmt hatte.
Das Ergebnis der Auszählung: Eine Mehrheit stimmte für die Fusion.Als Grund gab sie an, keine Zukunft für eine Zusammenarbeit zu sehen.
Ihr Grund: Sie sieht keine Zukunft für die Zusammenarbeit.
Doppelpunkt in der Bildunterschrift
Die Bedeutung von Bildunterschrift darf man nicht unterschätzen. Fotos fallen sofort ins Auge, der zweite Blick geht dann direkt zum begleitenden Text. Die Frage, die sich der Leser stellt: Wer ist warum abgebildet? Auch hier hilft der Doppelpunkt beim Strukturieren, ähnlich wie bei den Headlines. Fragen Sie sich, was das Wichtigste ist, und stellen Sie das an den Anfang.
Erhielt einen Preis für besonderes Engagement: Susanne Schneider, Sozialpädagogin der Suchthilfe Düsseldorf
Fand eine Lösung, um Chemikalien besser verarbeiten zu können: ein Forscher aus Köln
Erhielt den Preis für sein Lebenswerk: Chemiker Fred Feuerbach aus Bonn
Nicht jeder Doppelpunkt tut der Verständlichkeit gut. „Susanne Schneider erhielt einen Preis.“ ist einfach, kurz und verständlich. Fragen Sie sich, ob eine Doppelpunkt-Konstruktion („Erhielt einen Preis: Susanne Schneider“) wirklich einen Mehrwert bringt.
Fazit: Mit dem Doppelpunkt kommen Sie meist schnell zum Punkt. Gehen Sie aber auch mit diesem Satzzeichen sorgsam um. Lassen Sie es nicht zur Marotte werden.