Ein Rezept für den perfekten Text? Das gibt es leider nicht. Tut mir leid. Aber wo wir gerade beim Thema sind: Was für das Schreiben und das Lesen gilt, gilt auch für das Kochen und das Essen.
Zutaten: Wie jedes Gericht ist jeder Text anders und benötigt seine eigenen Zutaten. Wer Ihnen also eine allgemeingültige Anleitung für einen perfekten Text verkaufen will, der lügt. Ignorieren Sie auch alle Anweisungen, bestimmte Dinge seien grundsätzlich verboten. Kohlenhydrate oder Fett beispielsweise sind per se genauso wenig böse wie Nomen, Adjektive, Schachtelsätze, Appositionen oder Klammern. Entscheidend ist allein, dass Sie bewusst essen und bewusst schreiben.
Mischkost: Wer ausschließlich Fett isst, den werden wir früher oder später verlieren. Das gilt auch für unseren Leser: Er wird verschwinden, wenn wir ihm nur aneinandergereihte Hauptsätze kredenzen. Im schlimmsten Fall bekommt er es mit dem Magen. Eine gesunde Mischung verschiedener Satzkonstruktionen und -längen ist besser verdaulich.
Zubereitungszeit: Ein leckeres Gericht braucht Zeit. Und auch ein durchdachter Text ist nicht „mal eben“ gemacht. Und hier kommt es nicht einmal auf den Umfang an: Ein kurzer Text benötigt manchmal sogar mehr Zeit als ein langer. Je mehr Wörter, desto eher fallen strukturelle oder konzeptionelle Fehler nicht auf.
Allergien: Nicht jeder verträgt alles. Sie sollten beim Schreiben den Zweck Ihres Textes und seine Zielgruppe nie aus den Augen verlieren.
Mengenangaben: Lange Texte sind nicht grundsätzlich schlecht. Heute soll man ja auch eher drei größere als fünf kleine Mahlzeiten essen. Dennoch lohnt es sich, nach unnötigem Ballast zu suchen. Es wird Ihrem Text guttun. Das sieht auch der Verfasser, der seinen Entwurf redigieren lässt: Danach ist sein Text oftmals kürzer.
Nährwert: Fragen Sie sich immer, was beim Leser ankommen soll. Wie ist der Mehrwert? Kochen und schreiben Sie nicht blindlings drauflos, überlegen Sie sich zuvor das Ziel. Beides sollte einem Plan folgen.
Abschmecken: Bleiben Sie kritisch mit Ihrem Text, auch wenn er vermeintlich fertig ist. Schmecken Sie ihn ab. Er könnte Spuren von Fehlern, Blähstoffen oder Sinnlosigkeiten enthalten.
Anrichten: Schmeißen Sie nicht alles unsortiert auf den Teller. Richten Sie es freundlich an: Überschrift, Absätze, Leerzeilen, Zwischenheadlines, Aufzählungen, das gesamte Satzzeichen-Repertoire. Das Auge liest doch schließlich mit.
Wo ich hier gerade meine Tipps lese, ein wichtiger Rat zum Schluss: Vertrauen Sie nicht unbedacht darauf, was Ihnen irgendwelche Lektoren im Internet oder sonst wo erzählen wollen. Machen Sie sich selbst ein Bild. Lesen Sie fremde Texte mit offenen Augen und aus der Sicht eines Schreibers. Sagen wir es so: Schauen Sie immer mal wieder über den Tellerrand.
Foto: Volker Lahr