Jede Textsorte hat ihre eigene Struktur, ein bestimmtes Vokabular, spezifische Satzkonstruktionen, typische Formulierungen und – das liegt auf der Hand – vorausschaubare Fehler. Beispiel: die Stellenanzeige. Sie ist für den, der Mitarbeiter werden will, die Visitenkarten Ihres Unternehmens. Das Angebot soll ihn in nur wenigen Sekunden davon überzeugen, sich zu bewerben. Der Fotograf hat alles gegeben, die Grafikabteilung einen guten Job gemacht. Und der Text? Den nimmt die Personalabteilung einfach von der letzten Anzeige. So eine ähnliche Position gab es doch schon einmal …
Der Leser, eine Fachkraft, die Sie schon lange händeringend suchen, bewirbt sich aber nicht. Denn er folgert aus den Formulierungen und aus den Fehlern Ihrer Stellenanzeige auf die Professionalität Ihres Unternehmens. Gerade dann, wenn er noch zwei, drei andere passende Angebote vor sich liegen hat, sind Sie ganz schnell raus. Es lohnt sich also, genau hinzusehen.
Einen dieser Fehler finden Sie garantiert in jeder Stellenausschreibung:
- Zusammengesetzte Begriffe werden nicht (durch)gekoppelt.
Richtig: SAP-Erfahrung, Microsoft-Office-Produkte, HR-Experte, Onboarding-Veranstaltung, Social-Media-Aktivitäten, Online-Bewerben-Button, PDF-Format - Unternehmensnamen mit Artikelfehlern
Falsch: “von Rost AG” oder “bei Rost AG”
Richtig: “von der Rost AG” oder “bei Rost AG”
Richtig nur ohne die Gesellschaftsform wie AG oder GmbH: “bei Rost” und “von Rost” - Komma nach einer adverbialen Bestimmung (meist nach “als”)
Falsch: Als eines der größten deutschen Digital-Unternehmen mit weltweit über 4.000 Mitarbeitern, arbeiten wir jeden Tag daran …
Richtig: Als eines der größten deutschen Digital-Unternehmen mit weltweit über 4.000 Mitarbeitern arbeiten wir jeden Tag daran … - Falsch: Vor “sowie” steht ein Komma.
- Am Ende der Aufzählungszeile fehlt ein Punkt, obwohl es sich um einen ganzen Satz handelt.
- Falsch: Vor und nach einem Schrägstrich stehen Leerzeichen.
- Rechtschreibfehler
- “selbständig” statt der richtigen Duden-Schreibweise bzw. Duden-Empfehlung: “selbstständig”
- “Know-How“ oder “Know how” statt “Know-how”
- “desweiteren“ statt “des weiteren“
- “nächstmöglich“ statt “nächst möglich“
- “darüberhinaus” statt “darüber hinaus”
- “Email“ oder “email“ statt “E-Mail”
Auch wenn alle Fehler ausgemerzt sind, sagt dies nichts über die textliche Qualität ihrer Stellenausschreibung aus. Die Schreiber von Jobanzeigen neigen zu Substantivierungen und Passivkonstruktionen. Und noch eine Falle: Floskeln und Marotten! Nur, weil das immer schon so geschrieben wurde, ist es auch gut. Hinterfragen Sie jede Formulierung: Geht es nicht einfacher, aktiver, verständlicher, konkreter und ansprechender? Bei der Überarbeitung hilft Ihnen die Freak-Formel.
Sorgen Sie im „War for Talents” dafür, dass Ihre Waffen gepflegt sind. So steigen Ihre Chancen, eine der vielleicht entscheidenden Schlachten zu gewinnen. Es gibt nur einen Fall, in dem Sie die Fehler drin lassen dürfen. Sie suchen einen Korrektor. (Sollte ein Scherz werden …)
Grafik: Volker Lahr