„Konzernchef Klaus Schneider hatte zuvor die Gäste, die aus ganz Deutschland angereist waren, begrüßt.“ Die Rechtschreibung stimmt, die Kommas sitzen an den richtigen Stellen. Herr Schneider heißt wirklich Schneider. Also alles richtig und gut? Fast. Ich würde dem Schreiber eine kleine Änderung vorschlagen, die der Verständlichkeit seines Satzes guttut.
Denn die Verbklammer (hatte … begrüßt) sorgt dafür, dass das „sinnstiftende“ Hauptverb erst ganz am Ende der Konstruktion erscheint. So lange muss der Leser also auf die wichtigste Information warten. Wollen Sie ihm das wirklich zumuten? Vielleicht hat der Schreiber angenommen, der Relativsatz müsse immer direkt nach dem Nomen folgen, auf das Bezug genommen wird. Wahrscheinlich hat er aber auch gar nicht darüber nachgedacht. Ein klassischer Fall, bei dem der Korrektor durch seinen kritischen Blick zum Lektor wird. Warum das Hauptverb “begrüßen” nicht bereits vor dem Relativsatz bringen?
Konzernchef Klaus Schneider hatte zuvor die Gäste, die aus ganz Deutschland angereist waren, begrüßt.
Besser: Konzernchef Klaus Schneider hatte zuvor die Gäste begrüßt, die aus ganz Deutschland angereist waren.
Jetzt ist der Beispielsatz noch relativ harmlos. In anderen Sätzen hingegen hat der Leser alle Informationen schon wieder vergessen, bevor ihn überhaupt die eigentliche Nachricht erreicht:
Konzernchef Klaus Schneider hatte am Tag zuvor den Leiter der Controlling-Abteilung, die noch im vergangenen Quartal im Zuge einer konzernweiten Umstrukturierungsmaßnahme mit dem Rechnungswesen zusammengelegt worden war, freigestellt.
Besser: Konzernchef Klaus Schneider hatte am Tag zuvor den Leiter der Controlling-Abteilung freigestellt, die noch im vergangenen Quartal im Zuge einer konzernweiten Umstrukturierungsmaßnahme mit dem Rechnungswesen zusammengelegt worden war.
Ob Sie nun sagen, Sie hängen den Nebensatz an oder aber Sie holen das Hauptverb nach vorn, ist nicht entscheidend. Das Ergebnis ist dasselbe: ein verständlicherer Satz. Das Prinzip funktioniert auch mit Einschüben (Appositionen) und anderen Nebensätzen.
Für den Konzernchef Klaus Schneider galt es jetzt, ein Bauprojekt, das im vergangenen Geschäftsjahr in eine gefährliche Schieflage geraten war, zu stabilisieren.
Besser: Für den Konzernchef Klaus Schneider galt es jetzt, ein Bauprojekt zu stabilisieren, das im vergangenen Geschäftsjahr in eine gefährliche Schieflage geraten war.Das wird sich, wenn die Abteilungen im kommenden Jahr zusammengelegt werden, ändern.
Besser: Das wird sich ändern, wenn die Abteilungen im kommenden Jahr zusammengelegt werden.Aufgrund der hohen Auslastung wurden im vergangenen Geschäftsjahr 48 neue Mitarbeiter, darunter 14 Nachwuchsingenieure, eingestellt.
Besser: Aufgrund der hohen Auslastung wurden im vergangenen Geschäftsjahr 48 neue Mitarbeiter eingestellt, darunter 14 Nachwuchsingenieure.Dies ist ein Aussichtpunkt, von dem man einen weiten Blick ins Umland, zum Beispiel auf den Lago di Caldonazzo, den größten, komplett im Trentino gelegenen See, genießt.
Besser: Dies ist ein Aussichtpunkt, von dem man einen weiten Blick ins Umland genießt, zum Beispiel auf den Lago di Caldonazzo, den größten, komplett im Trentino gelegenen See.
Neben dem Streichen von Substantiven und Passiv-Konstruktionen nutze ich dieses lustige Satzteil-Sortieren häufig, um die Verständlichkeit zu erhöhen. Ich gebe aber zu: Eine generelle Regel lässt sich daraus nicht ableiten. Nicht immer ist dieses Umsortieren sinnvoll – das liegt vor allem am Inhalt und an der Länge des (Neben-)Satzes oder an Anschlüssen, die man sich damit ab und an zerschießen würde.
Fazit: Es lohnt sich, Texte nach dem Schreiben auch im Hinblick auf verschiebbare Sätze oder Satzteile zu redigieren. Meistens macht das beschriebene Sortieren den Satz verständlicher, manchmal funktioniert es nicht, manchmal ist es eine Option. Man merke: „Willst du mit mir nach hinten gehen?“ – Ja. Nein. Vielleicht.
Zeichnung: Volker Lahr