Nach meinem vorletzten Blog-Beitrag fragte mich ein Leser, was an dem Wort „durchführen“ auszusetzen sei. Ich hatte dort einen Lektor auf die Frage, wie das Verb geschrieben werde, mit „Am besten gar nicht!“ antworten lassen.
Wer sich bessere Texte zum Ziel gesetzt hat, wird irgendwann mit tradierten, aber oftmals unreflektierten Schreibt-man-nicht-Regeln konfrontiert. Einige taugen etwas, andere nicht. Mir wurde schon sehr früh in meiner journalistischen Ausbildung erklärt, dass „durchführen“ nicht benutzt wird, da es aus dem Vokabular der Nationalsozialisten stamme. Dieses Argument zog und ich ließ es bleiben. Dennoch lese ich den Begriff immer wieder, die geschichtliche Belastung scheint also doch nicht – oder nicht mehr – so groß zu sein.
Ich verwende es trotzdem nicht, und dafür habe ich einen weiteren Grund: „Durchführen“ (im übertragenen Sinn) ist nicht mit einem guten Satz vereinbar. Und hier kommt ein anderes Schreib-Gebot ins Spiel: Bitte kein Nominalstil! Wo „durchführen“ auftaucht, ist das Substantiv nicht weit. Wohlgemerkt: Ich habe nur etwas gegen Nomen, wenn sie überflüssig sind, weil sie durch starke, konkrete und aussagekräftige Verben ersetzt werden können (siehe auch: Freak-Formel). So geht kein Satz mit „durchführen“ ungeschoren durch mein Lektorat.
Die Stadt wird eine Straßensperrung durchführen.
Wird zu: Die Stadt wird eine Straße (oder: Straßen) sperren.Kommende Woche wird die Reparatur der Satellitenanlage durchgeführt.
Wird zu: Kommende Woche wird die Satellitenanlage repariert.Ein Beratungsinstitut hat dazu eine Befragung unter Passanten durchgeführt.
Wird zu: Ein Beratungsinstitut hat dazu Passanten befragt.Das Finanzamt wird eine Prüfung Ihres Betriebes durchführen.
Wird zu: Das Finanzamt wird Ihren Betrieb prüfen.Bürgermeister Peter Schneider führte die Grundsteinlegung durch.
Wird zu: Bürgermeister Peter Schneider legte den Grundstein.
Kürzer, einfacher, verständlicher. Wenn Sie wollen, dass Ihr Text so wird, sollten Sie „durchführen“ nicht schreiben. Wenn Sie amtlich-hochtrabend erscheinen wollen, oder es gar darauf angelegt haben, dass der Leser Ihren Text erst gar nicht versteht oder mit dem Lesen abbricht, wissen Sie jetzt auch, was zu tun ist.
Grafik: Volker Lahr